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Viele Reetdachbesitzer sind beunruhigt. Seit einigen Jahren geistern Berichte über reetfressende Killerpilze, die schwerste Schäden an den Dächern verursachen, durch Presse und Internet.

Wir wollen an dieser Stelle versuchen, hierzu Aufklärungsarbeit zu leisten.

Inhalt:

1. Wie es begann

2. Wie viele Dächer sind betroffen?

3. Ist mein Dach betroffen?

4. Ein Beispiel

5. Helfen chemische Mittel?

6. Helfen Gutachten weiter?

7. Grundsätzliches

8. Grundwissen

9. Was sollte der Hauseigentümer beachten?

10. Wie lange hält ein Reetdach?

11. Hat man selber Einfluss auf die Lebensdauer?

 

 

 

 

1. Wie es begann

Im Herbst 2005 wurden erste Notrufe von Bauherren bekannt, deren Dächer vorzeitig Verrottungserscheinungen aufwiesen.Meistens betraf dies Dächer in einem Alter ab 5 Jahren.

2. Wie viele Dächer sind betroffen?

Die Gesamtzahl der in Deutschland vorhandenen Reetdächer wird allgemein auf ca. 50000 geschätzt. Nach unserem Wissen sind ca. 200 Dächer bekannt, die von einer vorzeitigen Alterung betroffen sind.

3. Ist mein Dach betroffen?

Im Grunde geht es hier um ein Verrottungsproblem. Verrottung findet jedoch auch im gesunden Reetdach statt.

Es ist daher schwierig zu unterscheiden.

Anzeichen sind z. B. dunkle Flecken in der Dachfläche, matschiges Reet, bzw. stark feuchtes Reet.

Moosbildung allein ist kein sicheres Anzeichen, denn Moos kann sich auch auf gesunden Dächern bilden.

Hier ist der Rat des Reetdachdeckers gefragt. Denn nur bei einer Begehung des Daches kann festgestellt werden, ob es sich um eine normale oberflächliche Schädigung oder um ein tiefergehendes Problem handelt.

 

4. Ein Beispiel

Dieses Dach wurde von uns 1996 gedeckt. Dieses Foto zeigt den Zustand im Jahre 2001.Der Bauherr rief uns zu Hilfe und wir unternahmen einen Reparaturversuch.Völlig zwecklos! Dieses Dach war zerstört. Dieses Dach wurde im Sommer gedeckt und es wurde absolut einwandfreies trockenes Reet verwendet.

 

Was ist also geschehen?

 

Zunächst standen unmittelbar am Haus hohe Tannen. In der Nähe von Bäumen ist es immer recht windstill, es ist immer schattig und feucht und es fallen immer Laub bzw. Tannennadeln auf das Dach.

Ideale Bedingungen für die Bildung von z.B. Moos und anderen Schädlingen.

Ein solches Dach trocknet nicht mehr aus und geht zunächst an der Oberfläche in Verrottung über.

Dies ist noch nicht sehr schlimm und lässt sich mit verhältnismäßig wenig Aufwand wieder instandsetzen.

Hier kam jedoch hinzu, daß der vom Bauherrn selbst erstellte Innenausbau völlig falsch gemacht wurde.

Es wurde z. B. weder auf eine Hinterlüftung noch auf eine Dampfsperre geachtet.

Es kam zur Dauerfeuchte der Dachhaut.

Dieses Dach hatte keine Chance. Es handelte sich einwandfrei um eine Zerstörung durch Zellulose fressende Pilze.

 

Aber völlig unnötigerweise!

 

Diese Pilze sind keine Killerpilze, sondern finden sich allerorts in der Natur. Es fand hier ein Vorgang statt, der in ähnlicher Form in jedem Komposthaufen stattfindet.

Luftabschluß und feuchtwarmes Klima - Die Verrottung beginnt.

Wären die Bäume zurückgeschnitten worden und wäre der Innenausbau fachgerecht hergestellt worden, hätte mit Sicherheit kein Schaden stattgefunden.

 

Die richtige Konstruktion des Hauses und die sowohl handwerklich als auch bauphysikalisch richtige Ausführung des Innenausbaus sind entscheidend. Wer hier nicht über fundiertes Fachwissen verfügt, sollte unbedingt einen Fachmann( z.B. einen Architekten, einen Bautechniker oder einen Zimmerermeister) zu Rate ziehen. Wer hier alles richtig macht wird auch sehr lange Freude an seinem Reetdach haben.

 

Aber auf diese Themenbereiche werde ich mit meiner lebenslangen Erfahrung als Handwerker und mit meinem Wissen als staatl. pepr. Hochbautechniker in späteren Kapiteln zurückkommen.

 

Im übrigen konnten auch weite Bereiche dieses Daches gerettet werden. Total beschädigt waren nur die Bereiche, die mit dem fehlerhaften Innenausbau in direkter Verbindung standen. Z. B. der gesamte (unausgebaute) Spitzboden-bereich war trotz Bemoosung noch absolut gesund.

 

 

5. Helfen chemische Mittel?

Nur sehr begrenzt. Diese Mittel werden an der Oberfläche aufgebracht und waschen durch Niederschlag in der Regel rasch wieder aus.

 

 

6. Helfen Gutachten weiter?

Nur sehr begrenzt.

Oft werden Biologen hinzugezogen, die dann in der Regel ein Gutachten erstellen, in dem eine Anzahl an erkannten Schädlingen benannt werden.

 

Doch was hilft dies dem Bauherrn?

 

Hier ist der Reetdachdecker gefragt. Zerstörtes Reet muß entfernt werden. Hier wird man auch konkreten Rat erhalten über möglicherweise zusätzlich empfehlenswerte Maßnahmen.

 

 

7. Grundsätzliches

Das Dachgeschoß wurde früher entweder gar nicht oder nur als Abstell- oder Lagerraum genutzt. Heute jedoch werden die Dachgeschosse als Wohnraum ausgebaut. Die bauphysikalischen Anforderungen sind völlig anders und werden teils aus Unkenntnis, teils aus finanziellen Gründen oftmals nicht beachtet - mit schlimmen Folgen für das Reetdach.

Bei normaler Feuchtigkeit durch Regen ist nur die oberste Schicht des Daches betroffen. Es erfolgt eine rasche Austrocknung durch Sonne und Wind und das Dach wird nicht geschädigt.

Völlig anders verhält es sich,wenn die Baukonstruktion fehlerhaft ist oder der Innenausbau nicht fachgerecht ausgeführt wurde. Der in der Wohnraumluft enthaltene Wasserdampf zieht in die Dachhaut und aufgrund der hier geringeren Temperatur findet die Kondensation statt.

Die Dachhaut wird feucht und bleibt es auch, weil in dieser tiefer liegenden Ebene eine Austrocknung durch die Aussenluft nicht mehr erfolgen kann.

Der Beginn der Verrottung ist die Folge.

Hier noch einmal der gute Rat: Ziehen Sie in diesen Fragen unbedingt einen Fachmann zu Rate. Ihr Reetdach wird es Ihnen danken. 

 

8. Grundwissen

Die Dachneigung sollte mindestens 45° betragen. Je steiler desto besser. Eine alte Faustformel besagt, daß jedes zusätzliche Grad Dachneigung ein zusätzliches Jahr Lebensdauer bedeutet.

 

Eine Hinterlüftung ist unbedingt erforderlich. Die Luftschicht muß mindestens 6 cm stark sein, aber mehr ist in jedem Fall besser.

 

Wenn diese Luftschicht sowohl an der Traufe als auch am First geeignete Zu- bzw. Abluftöffnungen erhält, entsteht in der Hinterlüftungsebene eine regelrechte Kaminwirkung. Eine dauerhafte Durchfeuchtung des Daches ist damit praktisch unmöglich geworden.

 

Der Innenausbau und die Wärmedämmung erscheinen handwerklich relativ einfach.

Tatsächlich aber erfordern diese Arbeiten ein sehr hohes Maß an Fachwissen. Fehlerhafte Arbeiten können nach wenigen Jahren äusserst kostspielige Folgen haben. Besonders wenn diese Arbeiten in Eigenleistung ausgeführt werden sollen, bitte unbedingt einen kompetenten Fachmann hinzuziehen.

 

 

9. Was sollte der Hauseigentümer beachten?

Das Reet ist ein natürliches Material, daß zu keinem Zeitpunkt einer chemischen Behandlung unterzogen wird. Die lange Haltbarkeit eines Reetdaches ist allein der Robustheit dieser Pflanze zu verdanken.

Der Klimawandel geht jedoch auch am Reetdach nicht spurlos vorbei. Die höhere Durchschnittstemperatur und die Luftverschmutzung fördern das Wachstum von Flechten, Moosen, Algen. Dies ist grundsätzlich noch nicht schädlich für das Reet. Allerdings wird hierdurch der Luftaustausch gehemmt und  die Dauerfeuchte des Daches gefördert. Dadurch wiederum wird die Verrottung in Gang gesetzt.

Man sollte sein Dach also regelmäßig reinigen lassen.

Ausserdem sind eventuelle Schädigungen der Eindeckung am leichtesten an einem sauberen Dach zu erkennen, und meist auch einfach zu beheben.

 

10. Wie lange hält ein Reetdach?

Es wird manchmal über Dächer berichtet, die ein Alter von rund 100 Jahren erreicht haben.

Auch wir haben so etwas schon erlebt, allerdings sind das Ausnahmefälle und betreffen normalerweise nur sehr steile Walmseiten.

Realistisch dürfte ein Durchschnittsalter von ca. 40 Jahren sein.

Wie alt ein Reetdach wirklich wird hängt von sehr vielen Faktoren ab.

Qualität des Materials, Qualität der Verarbeitung, Dachneigung, konstruktive Details, Hinterlüftung, Lage des Hauses und andere Faktoren.

 

11. Hat man selber Einfluss auf die Lebensdauer?

Ja, unbedingt.

 

Man sollte sein Dach regelmäßig in Augenschein nehmen.

 

Eine evtl. Bemoosung sollte entfernt werden und auch Laub oder ähnliches darf auf keinen Fall auf dem Dach liegenbleiben.

 

Evtl. Kleinschäden sollten sofort ausgebessert werden.

 

Die Bindungen des Daches müssen fest sein, das heißt die Bindedrähte müssen stramm an den Dachlatten anliegen.

 

Die Hinterlüftung des Daches darf auf keinen Fall versperrt werden.

 

Das Dach muß möglichst viel Luft bekommen, also dicht am Haus stehende Bäume entweder entfernen, oder aber gut zurückschneiden.

 

Im Zweifelsfall unbedingt den Reetdachdecker hinzuziehen.